Warum zur Stillberatung? Ein Erfahrungsbericht

Stillen2_Blogbeitrag

Schon vor der Geburt meines Sohnes im April 2016 war mir klar, dass ich mein Kind gerne stillen möchte. Und zwar unabhängig von den vielen Vorteilen des Stillens und der Empfehlung Kinder bis zum Ende des sechsten Lebensmonats voll zu stillen, sondern weil ich den ganz dringenden Wunsch verspürte, meinem Kind über das bloße Ernähren hinaus nahe zu sein.
Doch schon wenige Tage nach dem, leider erforderlichen, Notkaiserschnitt zeichnete sich ab, dass die Stillbeziehung zu meinem Kind nicht so problemlos verlaufen wird, wie ich es mir erhofft hatte. Da mein Kind auch am dritten Tag nach der Geburt abnahm und er abends über mehrere Stunden ständig an die Brust wollte, nahm man im Krankenhaus an, dass ich einfach zu wenig Milch produzieren würde. Und so gab man mir ein Gläschen Milchnahrung und einen Löffel. Ich solle das meinem Kind geben. Immerhin wurde auf einen künstlichen Sauger verzichtet. In meiner Unwissenheit gepaart mit Selbstzweifeln, fütterte ich meinem Kind die Milchnahrung zu.

Auch nach dem Krankenhausaufenthalt entwickelte sich das Gewicht meines Sohnes nicht so, wie es sollte aber es machte mich fast verrückt, wenn ich meinem Kind statt der Brust die Flasche geben musste. Und keiner, dem ich das erzählte, schien mich zu verstehen. Auch die Frage, warum nicht genug Milch kam, konnte mir niemand beantworten. In meiner Verzweiflung schrieb ich eine Mail an Katrin. Sie ist Hebamme und Still-und Laktationsberaterin IBCLC. Zum Glück konnten wir zwei Mal recht kurzfristig einen Termin zum Hausbesuch vereinbaren. Ansonsten hätte ich das Stillen ziemlich sicher schon aufgegeben. Denn abgesehen vom Aufwand mit Abpumpen, Reinigen und Desinfizieren von Zubehör und Fläschchen, ein Kind voll zu stillen und noch einen Haushalt zu führen, fiel es meinem Kind zunehmend schwer, sich von der Flasche auf die Brust einzustellen. Für mich war es schlimm, wenn er an der Brust nur noch heulte und für uns beide war es extrem stressig. Das wollte ich ihm und mir ersparen.
Katrin war die erste, die sich für mich Zeit genommen und mir zugehört hat. Außerdem verstand sie mein Problem, machte mir Mut und bot Lösungen an. Das war für mich eine völlig neue Erfahrung und hat mir sehr geholfen.
Als sie mich dann fragte, ob ich für die Homepage zusammenfassen könnte, was ich durch die Stillberatung für Erkenntnisse gewonnen habe, zögerte ich keine Sekunde. Und nun möchte ich gerne meine Erfahrungen teilen.

1.) Finger weg von diversen Suchmaschinen im Internet. Alles nachschauen zu können ist Fluch und Segen zugleich. Man weiß nie, ob das alles gut recherchiert oder nur die halbe Wahrheit ist. Außrdem sind Probleme mit dem Stillen sehr individuell. Man sollte versuchen, sich nicht verrückt zu machen.
2.) Es ist erschreckend wieviel Unwissen selbst in Fachkreisen herrscht, wenn es ums Stillen geht. Frauen, die frisch entbunden haben, sind emotional sowieso am Limit, vor allem, wenn es Schwierigkeiten gibt. Seien Ratschläge auch noch so gut gemeint, sollte man immer überlegen, wie man sie mitteilt. Außerdem wäre es viel nützlicher, die Frauen zu bestärken, anstatt Zweifel zu säen. Die Mütter sollten sich, wenn es geht, in der ersten Zeit am besten nur mit Menschen umgeben, die es gut mit ihnen meinen und ihnen zeigen, dass sie tolle Arbeit leisten.
3.) Selbst wenn man einen hohen Anspruch hat – perfekt gibt es nicht! Man sollte nicht versuchen etwas gerecht zu werden, was es nicht gibt. Alles ist super, solange es sich richtig und gut anfühlt. Man darf seinem Instinkt vertrauen.
4.) Es gibt Alternativen zum Zufüttern. Die Milchmenge lässt sich steigern durch häufiges Anlegen und zusätzliches Abpumpen, man sollte genug ausgewogen essen (Kohlenhydrate!) und ausreichend trinken. Sollte das nicht helfen, gibt es diverse Mittel zum Einnehmen. Vom pflanzlichen Präparat bis hin zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, die dann aber erhebliche Nebenwirkungen haben können. Hier muss jeder selbst entscheiden, wie weit er gehen möchte. Außerdem sind die Mittel oft nicht ganz günstig. Man sollte abklären lassen, warum zu wenig Milch produziert wird, wenn sich die Milchmenge nicht steigern lässt. Es gibt viele mögliche Ursachen.
Sollte das Zufüttern unumgänglich sein, so gibt es verschiedene Möglichkeiten. Vom Becher über das Brusternährungsset bis hin zum Fläschchen. Künstliche Sauger können das Kind sehr durcheinanderbringen, egal wie nah sie dem Original laut Hersteller sind. Und es ist ein Unterschied, ob man fertige Milchnahrung oder abgepumpte Muttermilch zufüttert. Letzteres hilft etwas gegen ein eventuell vorhandenes schlechtes Gewissen.
5.) Selbst Stillen kann anstrengend und zeitaufwändig sein, zumindest, bis sich alles eingespielt hat. Man sollte versuchen, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen.
6.) Manches im Haushalt kann warten und der erste Besuch auch. Es sei denn, er bringt den Kuchen selbst mit und stört sich nicht, wenn die Regale nicht abgestaubt sind oder hilft dabei. Die gewonnene Zeit kann prima für extra Kuscheleinheiten mit dem Baby genutzt werden.
7.) Es gibt zu wenig Hebammen und erst recht zu wenig gute Hebammen. Überall wird propagiert, dass die Geburtenrate in Deutschland wieder steigt. Die Zahl der Hebammen hingegen nicht, weil Anforderungen und Versicherungsprämien unverschämt hoch sind. Gleichzeitig werden die Kompetenzen immer weiter beschnitten und die Arbeitsbedingungen schlechter. Das ist der falsche Weg. Dabei wäre eine gute Betreuung der Mütter so wichtig.
Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.
8.) Unser ‚Bauchgefühl‘ gibt uns ganz oft den richtigen Weg vor. Wir sollten viel öfter darauf vertrauen anstatt uns von allen möglichen Menschen durcheinander bringen zu lassen. Das würde so manchen Ärger ersparen. Und wenn es nicht gut läuft, gibts dafür ganz objektive Anhaltspunkte. Die darf man natürlich nicht ignorieren.
9.) Nicht jedes ungewöhnliche Verhalten des Kindes ist problematisch. So ändert es zum Beispiel bei Entwicklungssprüngen sein „Essverhalten“. Das normalisiert sich aber bald wieder. (Literarur: Oje, ich wachse; von Dr. Hetty van de Rijt und Dr. Frans X. Ploij)
Auch das sogenannte (vor allem abends auftretende) Clusterfeeding ist normal. Dennoch kann auch dies eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen.
10.) Man sollte versuchen entspannt zu bleiben, bequeme Stillpositionen zu finden und für ein gutes Raumklima sorgen. Stress, Verspannungen und Kälte sind kontraproduktiv.

Danke für deine Worte! Hoffe du wirst durchhalten und deinen Sohn bis ins Kleinkindalter stillen!

Vorheriger Beitrag
PEKiP© Prager-Eltern-Kind-Programm
Nächster Beitrag
Erfahrungsbericht – unsere „Autositz-Käufe“